Wer kennt die faszinierende Geschichte des amerikanischen Unternehmers James B. Sherwood? Dem Mann, der den legendären Orient-Express wieder ins Leben rief, und die berühmte gleichnamige Luxushotelkette gründete.
Alles begann im Jahre 1976 mit dem Kauf seines ersten Hotels.
Sherwood hatte sich im vorangegangen Jahrzehnt ein Vermögen mit dem Leasing von Schiffscontainern aufgebaut. Seine Geschäftsreisen führten ihn rund um die Welt und mit Vorliebe stieg er in den großen Hotelklassikern ab.
Dazu zählten das Peninsula Hotel in Hongkong (noch heute eines seiner Lieblingshotels), das Beverly Hills Hotel in L.A. oder das Fairmont Hotel in San Francisco.
Wie er der britischen Tageszeitung The Telegraph in einem Interview berichtete, erkannte er eine Nachfrage nach dem Besonderen.
“In der heutigen Zeit sind wir mit so viel Mittelmäßigkeit konfrontiert. Es gibt ein wahres und unerfülltes Bedürfnis nach dem Besonderen und den Wunsch, es zu erleben.“
Abgesehen von seiner Spürnase für den Puls der Zeit, besaß er auch Geschäftssinn und eine Bereitschaft, Risiken einzugehen.
Als es darum ging seine Geschäfe zu diversifizieren, entschied er sich, in kränkelnde Hotellegenden zu investieren und diesen wieder zu altem Glanz zu verhelfen.
Das erste Hotel, das Cipriani in Venedig
1976 stand das Hotel Cipriani in Venedig zum Verkauf.
Italien befand sich in einem politischen Umbruch und Terrorakte der linksextremen Gruppierung Rote Brigaden waren an der Tagesordnung. Die Eigentümerinnen des Luxushotels, drei Schwestern der Guiness-Familie, hatten es daher eilig, sich aus dem Geschäft in Italien zurückzuziehen.
Sherwood war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und für 900.000 £ erstand er das Objekt.

Das Orient-Express-Projekt
Nur ein Jahr nach dem Kauf des Hotels, erfuhr Sherwood, dass die französische Eisenbahn den Orient-Express einstellen wollte. Er überlegte sich, dass es eine gute Idee wäre, das Geschäftsmodell zu übernehmen und den Zug zwischen Paris und Venedig verkehren zu lassen.
In Venedig würden die die Luxusreisenden auch gleich das passende Hotel vorfinden: das Cipriani.
Gedacht, getan. Im Oktober 1977 ersteigerte Sherwood bei einer Auktion in Monte Carlo zwei Original-Waggons aus den 20er Jahren. Verkäufer war die Produktionsgesellschaft des Films “Mord im Orient-Express” (1974), die nach den Dreharbeiten keinen Bedarf mehr für die Waggons hatte.
25 weitere erstand zu einem guten Preis von den Gründern des Orient-Expresses, der Compagnie Internationale des Wagon-Lits (CIWL).
Im Jahr 1982 und 31 Millionen Pfund später war es dann soweit: der Venice Simplon-Orient-Express nahm seine Fahrt auf.
1984 folgte eine weitere strategische Operation. Für ein Schnäppchen kaufte Sherwood das vom britischen Staat privatisierte Fährunternehmen Sealink. Dessen Fähren verbanden England mit dem Kontinent und es lag nahe, die Zugverbindung des Orient Expresses von jetzt an schon in London starten zu lassen.
Und so blieb alles in einer Hand: die Reisenden fuhren mit dem Luxuszug von der Londoner Victoria Station nach Folkestone, stiegen um in die Sealink Fähre, die sie sicher über den Ärmelkanal nach Boulogne-sur-Mer brachten, wo der Orient Express bereits auf sie wartete.
Die Reise geht weiter
Das Cipriani Hotel, der Venice Simplon-Orient-Express und das Fährunternehmen sollten jedoch nur der Anfang sein.
Sherwood flog weiter um die Welt und kaufte mit viel Geduld ein historisches Grand Hotel nach dem anderen.
Als aufgrund der politischen Situation niemand in Länder wie Südafrika oder Burma investieren wollte, kaufte er das Mount Nelson Hotel in Kapstadt und veranstaltete luxuriöse Flussreisen auf dem Irrawaddy-Fluss. Zu Zeiten des Kalten Krieges erwarb er das Grand Hotel Europe in Sankt Petersburg.
Sein Investment-Tipp: immer zugreifen, wenn die Dinge im jeweiligen Land nicht zum Besten stehen, aber natürlich nur, wenn man der Überzeugung ist, dass sich das Land wieder erholen wird.
Am Ende gab ihm der Erfolg recht. Zur Orient-Express Hotelgruppe (heute Belmond) gehörten 50 legendäre Hotels in 24 Ländern, darunter solche Ikonen wie der Copacabana Palace in Rio, das Reid’s Palace auf Madeira oder das Ritz in Madrid.
Nur beim Pariser Ritz und dem Plaza Athénée hatte Sherwood kein glückliches Händchen. Mohamed Al Fayed wollte ihm das Ritz nicht verkaufen und das Plaza Athénée schnappt ihm der Sultan von Brunei vor der Nase weg.
Wer die ganze Geschichte lesen möchte, dem sei James B. Sherwoods spannende Autobiografie “ A personal journey” ans Herz gelegt.
Quellen: Interview The Telegraph, The Octavian Report, „A personal journey“, James B. Sherwood.